Karfreitag – Die Tiefe des Kreuzes und die Hoffnung auf neues Leben
Karfreitag ist einer der zentralen Tage im Kirchenjahr der evangelischen Kirche. An diesem Tag gedenken wir der Kreuzigung Jesu Christi auf dem Hügel Golgatha – ein Ereignis, das im Zentrum unseres Glaubens steht. Das Wort „Karfreitag“ leitet sich vom althochdeutschen „kara“ ab und bedeutet Klage oder Trauer. Es ist ein Tag des Innehaltens, der Stille und der Besinnung.
Das Leiden und Sterben Jesu – Spiegel der Menschheit
Die biblischen Berichte erzählen eindrücklich von den Ereignissen, die zu Jesu Tod führten: Verrat, Angst, Verhör, Gewalt und schließlich die Kreuzigung. Karfreitag ist der Tag, an dem wir uns dem Leiden nicht entziehen, sondern hinschauen. Landesbischof Gohl beschreibt Golgatha als einen Ort, an dem das Böse öffentlich sichtbar wird – eine „Sehschule“, die uns auffordert, die Augen nicht vor dem Leid in der Welt zu verschließen. Das Kreuz Christi hält uns einen Spiegel vor: Es zeigt uns, wozu Menschen fähig sind, aber auch, wie Gott im Leiden mit uns ist.
Bedeutung für unseren Glauben
Für Martin Luther war Karfreitag von besonderer Bedeutung. Er betonte, dass im Tod Jesu Christi die Vergebung der Sünden und die Versöhnung mit Gott ihren Ursprung haben. Das Kreuz ist nicht nur Zeichen des Scheiterns, sondern auch der Liebe Gottes, die bis in den Tod reicht. Im Leiden Jesu erkennen wir, dass Gott sich mit uns Menschen solidarisiert – besonders mit den Verachteten, Erniedrigten und Leidende.
Doch Karfreitag ist nicht das Ende. Er steht im Zusammenhang mit Ostern, dem Fest der Auferstehung. Erst im Licht der Auferstehung wird der tiefere Sinn des Kreuzes offenbar: Die Hoffnung, dass das Leben über den Tod siegt, dass Vergebung und neues Leben möglich sind.
Karfreitag heute – Raum für Trauer, Protest und Hoffnung
In einer Welt voller Unruhe, Krieg und Leid bekommt Karfreitag eine besondere Aktualität. Er erinnert uns daran, dass Gott auch heute mit uns leidet und uns in unserem Schmerz nicht allein lässt. Zugleich ruft er uns auf, nicht gleichgültig zu werden gegenüber dem Leid anderer, sondern Brücken zu bauen, Barmherzigkeit zu üben und für Gerechtigkeit einzutreten.
Gemeinschaft und Stille
Traditionell ist Karfreitag ein „stiller Feiertag“. In den Gottesdiensten verzichten wir auf festlichen Schmuck, oft schweigt die Orgel, und das Abendmahl wird schlicht gefeiert. Es ist ein Tag, an dem wir uns bewusst Zeit nehmen für Gebet, Besinnung und das gemeinsame Gedenken an Jesu Leiden und Sterben.
Abschlussgedanke
Karfreitag fordert uns heraus, das Leiden nicht zu verdrängen, sondern ihm Raum zu geben – in unserem Glauben, in unserer Gemeinschaft und in unserem Alltag. Doch gerade im Angesicht des Kreuzes dürfen wir darauf vertrauen: Gottes Liebe ist stärker als der Tod. Aus der Tiefe des Karfreitags wächst die Hoffnung von Ostern.
„Mitten im Tod sind wir vom Leben umfangen.“
(nach Martin Luther)
Möge uns diese Hoffnung durch die Dunkelheit des Karfreitags tragen und unser Herz für die Auferstehung öffnen.